Aerosole : Aerosole vs. Partikel – Unterschiede und Verhaltensmerkmale

Aerosole vs. Partikel

Das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer guten Luftqualität hat sich in den vergangenen Jahren enorm verstärkt. Aus verschiedenen Motiven werden Studien absolviert, um Einflüsse der Luftqualität auf den jeweiligen Forschungsbereich zu untersuchen. Durch die COVID-19-Pandemie ist neben der Untersuchung der Außenluft insbesondere die Luftqualität in Räumlichkeiten verstärkt in den Fokus geraten. Der Virus SARS-CoV-2, mit einer Größe von ca. 0,06 bis 0,14 µm,1 wird in der Regel aber nicht einzeln, sondern über größere feste oder flüssige Partikel transportiert. In diesem Zusammenhang hat zwar die Begrifflichkeit Aerosol an Bekanntheit gewonnen, leider wird der Begriff aber oftmals falsch definiert und dadurch irrtümlich als Gemisch von Partikel interpretiert. Vergegenwärtigt man sich dagegen, dass ein erwachsener Mensch durchschnittlich ca. einhundert Milliarden Partikel pro Tag einatmet,2 lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die Begriffe Aerosol und Partikel zu werfen, anstatt diese Begriffe in einem Atemzug identisch zu interpretieren.

Definition Aerosol vs. Partikel

Abb. 1: Darstellung eines Aerosols und den darin befindlichen festen und / oder flüssigen Partikeln Quelle: Eigene Darstellung i.A.a. GAeF (2020): S. 9

Der Begriff Aerosol setzt sich aus dem altgriechischen Wort ἀήρ (aēr) für Luft und dem lateinischen Wort für Lösung solutio zusammen. Laut der DIN EN ISO 29464:2020 - Reinigung von Luft und anderen Gasen - ist ein Aerosol ein System aus in Gas gelösten festen und flüssigen Partikeln.3

Bei einem Aerosol handelt es sich also um ein Stoffsystem. Unsere Umgebungsluft stellt zum Beispiel ein Aerosol dar. In einem Liter Luft können wiederum Millionen von Partikeln vorliegen. Die Partikel können stunden- bis tagelang in der Luft verharren und sowohl in fester als auch flüssiger Form vorliegen.4 Dabei verhält sich die im Aerosol befindliche Partikelverteilung äußerst agil. Stets bilden sich neue Partikel, deren Aggregatzustand, Größe und Sinkverhalten sich wiederum kontinuierlich verändern können.


1Vgl. Drewnick, F. (2020): S. 6.
2Vgl. GAeF (2020): S. 8.
3Vgl. DIN EN ISO 29464: S. 10.
4Vgl. McNeill, V. (2017): S. 428.

Das dynamische Verhalten von Partikeln in einem Aerosol

Die Größenverteilung der Partikel, welche sich im Aerosol verteilen, können im Mikrometerbereich und Nanometerbereich spezifiziert werden.5 Diese Partikelverteilung verhält sich allerdings äußerst dynamisch innerhalb eines Aerosols. Eine fortwährende Veränderung der Größenverteilung hat wiederum Einfluss auf die Bewegung der Partikel und somit auf deren Abscheidung, welche auf verschiedenen Filtrationseffekten beruht. Aber wodurch und wie wird das Milieu in einem Aerosol beeinflusst?

Zum Beispiel können die durch den Menschen oral verbreiteten flüssigen Partikel durch Verdunstung schrumpfen. Beim Ausatmen, Sprechen, Husten oder Niesen entstehen Aerosole, welche viele Tropfen im Bereich von 0,5 µm bis 100 µm aufweisen.6 80 – 90 % dieser Partikel haben einen Durchmesser von ca. 1 µm und verdunsten in Millisekunden. Tropfen von 10 µm evaporieren in weniger als einer Sekunde. Tropfen > 100 µm können sich dagegen über eine Minute halten und zu Boden sinken, bevor diese verdunsten.7

Hinsichtlich des Sinkverhaltens lässt sich feststellen, dass in bewegungsarmer Luft ein Aerosolpartikel der Größe 100 µm und der Dichte von Wasser [1 g/cm³] bei einer Fallhöhe von 2m um ca. 25 cm/s absinkt. Unter Annahme identischer Verhältnisse reduziert sich die Sinkgeschwindigkeit für kleinere Partikel, sodass Partikel mit einem Durchmesser von 1 µm ca. 16 Stunden benötigen würden, um zu Boden zu sinken.8


5Fissan (2021): S. 1.
6Ripperger (2020): S. 330.
7Lelieveld et al. (2020): S. 4.
8Vgl. Drewnick, F. (2020): S. 7.


Schwerkraft bedingte Sedimentation von kugelförmigen Partikeln mit der Dichte von Wasser
Abb. 2: Durch Schwerkraft bedingte Sedimentation von kugelförmigen Partikeln mit der Dichte von Wasser [1 g/cm³] bei Luftstille und einer Fallhöhe von 2m. Quelle: i.A.a. Drewnick, F. 2020: S. 7 und i.A.a. GAeF 2020: S. 12

Allerdings können Partikel durch den Luftstrom begünstigt wesentlich länger in der Luft verweilen. So stellt sich für Aerosolpartikel im Innenraum typischerweise eine Strömungsgeschwindigkeit von 0,1 m/s dar,9 was zu einer längeren Verweildauer von Partikeln führen kann als im o.g. Beispiel. Und wie bereits beschrieben, kann die Größe von flüssigen Partikeln in einem Aerosol durch Verdunstung rapide abnehmen. So benötigen feste Partikel der Größe von 50 µm bei Windstille ca. 30 Sekunden, um aus einer Höhe von 2 m zu Boden zu gelangen.10 Dagegen evaporiert ein Wassertropfen mit identischem Durchmesser in weniger als 3 Sekunden bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 %.11 Ergo würde ein Wassertropfen verdunsten, bevor ein Partikel in fester Form mit identischen Ausgangsdurchmesser zu Boden gelangt.


9GAeF (2020): S. 11.
10Drewnick, F. (2020): S. 7.
11Vgl. Vuorinen, Ville et al. (2020): S. 6.

Fazit

In einigen Publikationen werden die Begriffe Aerosol und Partikel irrtümlich identisch definiert. Allerdings handelt es sich bei einem Aerosol um ein System aus in Gas gelösten festen oder flüssigen Partikeln. Unsere Umgebungsluft ist zum Beispiel ein solches heterogenes Gemisch, indem sowohl Partikel in fester als auch in flüssiger Form vorliegen können.

Fälschlicherweise wird Partikeln und Tropfen zudem oftmals ein unterschiedliches Bewegungsverhalten bescheinigt. Flüssige Anteile eines Partikels verdunsten aber bei geringer Luftfeuchtigkeit sehr schnell, wodurch sich das Absinkverhalten verändert. Bei hoher Luftfeuchtigkeit können Partikel wiederum Feuchtigkeit aufnehmen, sich dadurch vergrößern und schneller absinken. Insofern ist u.a. die Größenverteilung entscheidend, um das Bewegungsverhalten von Partikeln zu analysieren. Denn durch die Veränderung der Partikelgröße wandeln sich sowohl die Bewegungseigenschaften der Partikel als auch die wirkenden Filtrationseffekte, welche es bei der Auswahl geeigneter Aerosolfilter zu berücksichtigen gilt. Gerne steht Ihnen das EMW®-Team bei der Auswahl geeigneter Aerosol-Luftfilter für Ihr Einsatzgebiet und etwaige Rahmenbedingungen zur Verfügung.

Quellenverzeichnis

  • Drewnick, Frank (2020): Abscheideeffizienz von Mund-Nasen-Schutz Masken, selbstgenähten Gesichtsmasken, potentiellen Maskenmaterialien sowie „Community Masken“, Max-Planck-Institut für Chemie, S. 1-21.
  • DIN EN ISO 29464 (2020): Reinigung von Luft und anderen Gasen – Terminologie, DIN Deutsches Institut für Normung e.V., September, Berlin, S. 1 – 42.
  • Fissan, Heinz (2021): Geschichte der Aerosolforschung an der Universität Duisburg-Essen und am IUTA (Teil 1), Sonderausgabe IUTA aktuell – Mitteilungen aus dem Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V., Essen, S. 1-4.
  • GAeF - Gesellschaft für Aerosolforschung, Asbach, Christof / Held, Andreas / Kiendler-Scharr, Astrid / Scheuch, Gerhard / Schmid, Hans-Joachim / Schmitt, Sebastian / Schumacher, Stefan / Wehner, Birgit / Weingartner, Ernest / Weinzierl, Bernadett (2020): Positionspapier der Gesellschaft für Aerosolforschung - zum Verständnis beim SARS-Cov-2 Infektionsgeschehen, Gesellschaft für Aerosolforschung, Dezember, Duisburg, S. 1 – 48.
  • Lelieveld, Jos / Helleis, Frank / Borrmann, Stephan / Cheng, Yafang / Drewnick, Frank / Haug, Gerald / Klimach, Thomas / Sciare, Jean / Hang, Su / Pöschl, Ulrich (2020): Model Calculations of Aerosol Transmission and Infection Risk of COVID-19 in Indoor Environments, International Journal of Environmental Research and Public Health, 17, Basel, S. 1 - 18.
  • McNeill, V. Faye (2017): Atmospheric Aerosols: Clouds, Chemistry, and Climate, The Annual Review of Chemical and Biomolecular Engineering, Vol. 8, New York, S. 428 – 444.
  • Ripperger, Siegfried (2020): Luftreinigung in Räumen während der Corona-Pandemie, F&S Filtrieren und Separieren, Jahrgang 34, Nr. 6, Essen, S. 330 - 333.
  • Vuorinen, V. / Aarnio, M. / Alava, M. / Alopaeus, V. / Atanasova, N. / Auvinen, M. / Balasubramanian, N. / Bordbar, H. / Erästö, P. / Grande, R. / Hayward, N. / Hellsten, A. / Hostikka, S. / Hokkanen, J. / Kaario, O. / Karvinen, A. / Kivistö, I. / Korhonen, M. / Kosonen, R. / Kuusela, J. / Lestinen, S. / Laurila, E. / Nieminen, H.J. / Peltonen, P. / Pokki, J. / Puisto, A. / Back, P.R. / Salmenjoki, H. / Sironen, T. / Österberg, M. (2020): Modelling aerosol transport and virus exposure with numerical simulations in relation to SARS-CoV-2 transmission by inhalation indoors, Safety Science, S. 1 - 44.
Vergleichen